Die Bestände des Entomologischen Museum Dietfurt/Töging belaufen sich schätzungsweise auf 4 Millionen Tiere, von denen allerdings über 3 Millionen Ameisen sind. Diese Tiere haben wir bis auf ganz wenige Ausnahmen selbst gesammelt. Ihre verhältnismäßig große Zahl erklärt sich durch das Konzept, das hinter der Sammeltätigkeit stand. Um möglichst effizient zu arbeiten, ist eine dreifache Beschränkung hilfreich:

  • eine geografische Beschränkung
  • eine Beschränkung bei den Sammelmethoden
  • eine Konzentration auf bestimmte Tiergruppen

Die Herkunft der Sammlungen

Das Entomologische Museum Dietfurt/Töging beschränkt sich im Wesentlichen auf die paläarktische und die orientalische Fauna. Die Schwerpunkte der Sammlungen liegen in folgenden Ländern:

  • Europa: Zentral- und Südeuropa, besonders Kreta und Zypern, Osteuropa, besonders Rumänien, Bulgarien und Slowakei
  • Asien: Türkei, Armenien und Georgien, Sibirien und Russisch Fernost, Indien und Sri Lanka, Malaysia, Vietnam, Philippinen, Indonesien und China
  • Nordafrika: Marokko

Eine ganz besondere Stellung nehmen die Gebiete Sibirien, Armenien und China ein, weil wir dort jeweils mehrere Jahre verbrachten. Wir haben diese Länder möglichst vollständig bereist. Das lief und läuft immer noch nach einem stets ähnlichen Muster ab. Wir sind mit einem geländegängigen Wagen unterwegs und übernachten teils monatelang im Zelt. Wo möglich, besuchen wir weitab gelegene Gebiete durch mehrtägige Trekkingtouren. So haben wir in Sibirien jeweils einen Sommer lang die folgenden Gebiete bereist:

  • Respublika Altai (1996)
  • Baikalsee, Westsajan und Burjätien (1998)
  • Primorje, vor allem Sichote Alin (1997)
  • Chakassien, Tuwa und Kamtschatka (1999)

Sehr viel intensiver, als es für Sibirien jeweils möglich sein könnte, haben wir Armenien und Georgien durchforscht. Alle Gebiete wurden im Lauf der vier Jahre 1999 bis 2003 mehrmals, oft Dutzende von Malen, besucht, zu jeweils unterschiedlichen Jahreszeiten. Auch hier war nur das Leben im Zelt möglich.

In China war es unser Ziel, möglichst viele Naturschutzgebiete mindestens einmal für ein paar Tage zu besuchen. In Frage kommen dabei rund 1000 Schutzgebiete, im Wesentlichen aus den Kategorien National Parks (guó jiā gōng yuán, 国家公园), National Geoparks ( guó jiā dì zhì gōng yuán, 国家地质公园), National Nature Reserves ( guó jiā zì rán băo hù qū, 国家自然保护区) und National Forest Parks (guó jiā sēn lín gōng yuán, 国家森林公园). Wegen der Abgeschiedenheit vieler Schutzgebiete muss man mit dem Auto reisen. Wir sind aber sehr viel zu Fuß unterwegs. Es ist die einzige Möglichkeit, dieses Land wirklich kennen zu lernen. Auf diese Weise haben wir über zwei Drittel dieser Schutzgebiete besucht.

Sammelmethoden

Angesichts der Tatsache, dass wir nicht mit einem Tross, sondern mit einem mittelgroßen Auto und oft zu Fuß unterwegs sind, drängt sich bei den Sammel- und Konservierungsmethoden eine extreme Beschränkung auf. Wir arbeiten nur mit ganz wenigen Verfahren:

  • Handfang: Dies bleibt für viele Gruppen die wichtigste Fangmethode. Als Hilfsmittel dienen ein spezieller Eispickel, natürlich Pinzetten, ein kleines Netz mit einem Durchmesser von 11 cm und ein weißes Tuch.
  • Fang mit Netz und Kescher: Netz und Kescher sind ein selbst gebautes Modell. Wir fangen damit zunächst fliegende Einzeltiere. Der Netzbeutel ist auswechselbar konstruiert. Deswegen kann man das Netz einen ganzen Tag als Kescher einsetzen und dabei viele tausend Tiere der unterschiedlichsten Ordnungen erbeuten. Gegenüber einem herkömmlichen Modell steigt die Ausbeute bis auf das Zwanzigfache.
  • Klopfschirm: Der Klopfschirm ist überall von unschätzbarem Wert, besonders auch für den Fang von Ameisen, selbst in gemäßigten Klimagebieten. In den Tropen und Subtropen ersetzt er den Kescher, der meist nur in höheren Breiten wirklichen Erfolg bringt.
  • Nachtfang: Ein ganz wesentlicher Teil unserer Aktivitäten. Die Umstände und Transportmöglichkeiten bestimmen über die Art der Lichtquelle: Lagerfeuer, einfache Taschenlampen, LED-Leuchten, Gaslampen, von der Autobatterie betriebene UV-Leuchten, stationäre Strahler besonders in chinesischen Naturschutzgebieten.
  • Ausleseapparat nach Winkler: Dieses Gerät kommt nur zum Einsatz, wenn wir mehrere Tage stationär an einem Ort sind. Beim Zelten ist die Anwendung sehr schwierig.

Konservierung

Auch bei der Konservierung der Tiere sind Beschränkung und Einfachheit wichtig. Die meisten Insekten werden mit Essigester getötet, deren Röhrchen später mit der Quellflüssigkeit nach Scheerpeltz aufgefüllt. Andere Tiere kommen direkt in Alkohol. Die trockene Konservierung haben wir im Lauf der Zeit - außer bei Schmetterlingen - ganz aufgegeben.

Die in der Sammlung vertretenen Tiergruppen

Den Begriff der „Entomologie“ fassen wir hier, wie es früher durchaus üblich war, in einem weiteren Sinne auf und fassen darunter die gesamten Gliederfüßer oder Arthropoden zusammen. Tatsächlich spielen für uns die Gruppen außerhalb der Insekten eine erhebliche Rolle. Insgesamt liegt das Hauptgewicht der Sammeltätigkeit bei den weniger erforschten, nicht populären Gruppen, vor allem bei den kleineren bodenbewohnenden Formen.

Spinnentiere, Arachnida

Von den Spinnentieren werden regelmäßig besammelt: Geißelskorpione (Uropygi), Geißelspinnen (Amblypygi), Kapuzenspinnen (Ricinulei), Pseudoskorpione (Pseudoscorpiones), Walzenspinnen (Solifugae). Skorpione (Scorpiones) und Weberkechte (Opiliones) werden uneinheitlich erfasst. Unter den Webspinnen versuchen wir, die Springspinnen (Salticidae) vollständig zu sammeln, besonders die Myrmarachninen.

Krebstiere, Crustacea

Möglichst lückenlos sammeln wir einzig und allein die Landasseln (Oniscidea).

Tausendfüßer, Myriapoda

Die Hundertfüßer (Chilopoda) bilden einen der Schwerpunkte der Sammlung. Insbesondere gilt das für die Scutigeromorpha, von denen wir mit weit über tausend Exemplaren sicher die größte Sammlung der Welt besitzen. Aber auch die Individuenzahlen der übrigen Unterordnungen geht in die Zehntausende. Besonderen Wert legen wir auf große Reihen, weil nur in einer statistischen Analyse die systematisch wichtigen Kriterien sichtbar werden. Bei den Doppelfüßern oder Diplopoda treffen wir eine engere Auswahl, z.B. mit Penicillata, Pentazonia und Ommatophora. Onychophora werden vollständig gesammelt.

Insekten, Insecta

Im folgenden werden nur die Gruppen genannt, die in erheblicher Zahl in den Sammlungen vertreten sind.

  • Eintagsfliegen, Ephemeroptera: uneinheitlich, aber oft möglichst vollständig gesammelt
  • Libellen, Odonata: ausschließlich Kescherfänge. Nur die Prachtlibellen (Calopterygidae) möglichst vollständig gesammelt.
  • Steinfliegen, Plecoptera: möglichst vollständig besammelt
  • Embien, Embioptera: ziemlich intensiv besammelt
  • Ohrwürmer, Dermaptera: möglichst vollständig besammelt
  • Gottesanbeterinnen, Mantodea: nur gelegentlich und unter besonderen Umständen berücksichtigt
  • Schaben, Blattodea: nur gelegentlich und unter besonderen Umständen gesammelt
  • Termiten, Isoptera: nur gelegentlich und unter besonderen Umständen gesammelt, im Malaysia lückenlos
  • Heuschrecken, Orthoptera: Beschränkung auf Grylloidea, Gryllacridoidea und Tetrigoidea
  • Staubläuse, Psocoptera: nur gelegentlich und unter besonderen Umständen gesammelt
  • Wanzen, Heteroptera: möglichst lückenlos besammelt
  • Pflanzensauger, Homoptera: nur die Großzikaden (Cicadidae) und die Buckelzirpen (Membracidae) möglichst vollständig erfasst
  • Netzflügler, Neuroptera: möglichst vollständig besammelt
  • Schlammfliegen, Megaloptera: möglichst vollständig besammelt
  • Kamelhalsfliegen, Rhaphidioptera: möglichst vollständig besammelt
  • Käfer, Coleoptera: Möglichst vollständig besammelt, allerdings unter besonderer Berücksichtigung kleiner Formen. Besondere Schwerpunkte sind: Boden bewohnende Formen, Pilzkäfer, Ameisenkäfer, kleine Carabidae, Staphylinidae, Tenebrionidae, Chrysomelidae, bes. Hispinae, Curculionoidea.
  • Hautflügler, Hymenoptera: Terebrantres uneinheitlich gesammelt, meist nur durch Kescherfänge. Die übrigen Gruppen, Symphyta und Aculeata, werden möglichst vollständig erfasst. Hauptschwerpunkt: Ameisen (Formicidae).
  • Fliegen, Diptera: uneinheitlich besammelt, Bibionidae möglichst lückenlos, ebenso manche Brachycerengruppen wie Asiliformia, Tabaniformia, Cyclorrhapha. Insgesamt große Sammlungsbestände
  • Schnabelfliegen, Mecoptera: ziemlich intensiv besammelt
  • Köcherfliegen, Trichoptera: möglichst vollständig besammelt
  • Schmetterlinge, Lepidoptera: Wir bewundern Tagfalter, sammeln sie aber eher selten. Wir nehmen nur jene Exemplare mit, die wir in unserer Formenkenntnis nicht unterbringen können. Das betrifft die weniger bekannten Gruppen natürlich am meisten, Lycaenidae und Hesperiidae. Trotzdem umfassen die Tagfaltersammlungen viele zehntausend Tiere, besonders aus dem Kaukasus und Sibirien. Durch den Nachtfang sind die Nachtfalter viel stärker präsent. Eine möglichst lückenlose Sammlung haben wie in erster Linien von Geometriden, in zweiter Linie von Noctuiden angelegt. Kleinschmetterlinge blieben stets unberücksichtigt.

Wirbeltiere, Vertebrata

Das Museum umfasst auch eine größere Sammlung von Blindschlangen (Typhlopidae). Ihnen begegnet der Entomologe, der sich mit Bodentieren beschäftigt, wohl ebenso oft wie der Herpetologe.

Pilze, Fungi

Die an Wasser- und Bodeninsekten, besonders Käfern, angetroffenen Laboulbeniales werden gesondert präpariert und bearbeitet.

Bibliothek und Fotothek

Parallel zu den Sammlungen wuchs auch die Bibliothek.  Sie umfasst sehr viele Monographien und Tausende von Spezialarbeiten. Besonders gut vertreten ist die Literatur aus dem russischen, kaukasischen und chinesischen Raum. Zur Bibliothek gehört auch ein großer Bestand botanischer Literatur, vor allem Floren. Die Fotothek lebender Insekten umfasst viele tausend Aufnahmen, fast ausschließlich aus dem chinesischen Raum.